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01.04.2019 - 00:00h - Allgemein

"Früher war alles besser" - Feuerwehr geht mit gutem Beispiel voran

Immer öfter hört man nicht nur in Feuerwehren, sondern auch in der Gesellschaft den Satz „Früher war alles besser!“. Während dieser Satz oft den „ewig gestrigen“ zugeordnet wird, respektiert die Feuerwehr Bad Schwalbach diesen Erfahrungswert und setzt genau hier an: Ab sofort wird Fortschritt mit altbewährtem verbunden.


In einer einjährigen Testphase rückt die Stützpunktwehr in der Kernstadt mit zwei Pferdeanhängern aus. Hierzu wurden der Pumpenwagen und die Ausziehleiter wieder in Betrieb genommen. Als „Florian Bad Schwalbach 49“ rückt die Pumpe bei Brandeinsätzen zuerst aus. Ein Atemschutztrupp nimmt bereits ausgerüstet auf der Rückbank Platz. Umstellen muss sich der Einheitsführer, der in diesem Fall links sitzt. Denn: Der Reiter des Gespanns muss, bedingt durch die Lage der Bremse, rechts sitzen.

Für die Rettungs- und Löscharbeiten in größeren Höhen bis 10 Metern dient die Leiter mit dem Funkrufnamen „2-39“.  Beide Einsatzanhänger kommen mit leistungsfähigen Kaltblütern zum Einsatz. Für sie wurden mehrere Fahrzeugboxen umgebaut und teils mit Stroh ausgelegt. Die Feuerwehr verfügt aktuell schon über 7 Reiter.


Hier zeigt sich schon der erste große Vorteil: Die Ausbildung zum Reiter, der ein Gespann im Straßenverkehr führt, besteht lediglich aus einer Unterweisung an einer geeigneten Stelle. Diese ist deutlich günstiger und schneller als die sonst notwendige Führerscheinausbildung für Lkw (Klasse C), die in Zeiten knapper Kommunalkassen nur sehr spärlich bezahlt wird. Zum Preis eines Lkw-Führerscheins können nun fünf Reiter ausgebildet werden.

Zusätzlich sind die Gespanne selbstredend schadstoffarm, höchst energieeffizient und ausfallsicher. Während moderne und teure Feuerwehrfahrzeuge inzwischen ausschließlich aus technischen Komponenten bestehen, hat das Pumpengespann, abgesehen vom Blaulicht, keine Elektronik an Bord, die zu totalausfällen führen könnte.

Stichwort Effizienz: Im Gegensatz zu Anschaffung, Kraftstoff und Instandhaltung für ein Feuerwehrfahrzeug, müssen nur minimale Investitionen zur Verkehrssicherheit des Gespanns getätigt werden. Auch die Anschaffung und Pflege der Pferde ist mit einem Bruchteil der bisherigen Kosten verbunden.

Zudem verfügt das Feuerwehrhaus über keine Absauganlage, die giftige Abgase der Lkw-Motoren absaugt. Bisher sind die Einsatzkräfte den krebserregenden Stoffen schutzlos ausgeliefert – eine Nachrüstung ist extrem teuer und aufwändig. Durch die Umstellung auf die Gespanne müssen lediglich drei Fahrzeugboxen in stallähnlicher Form ausgebaut werden.

„Manchmal muss man einen Schritt nach hinten gehen und damit Anlauf holen, um wirklich nach vorne zu kommen“, sagt Maik Fahrenberg, Wehrführer der Bad Schwalbacher Kernstadtwehr. „Wenn früher alles besser war, dann kann es nur gut sein, zu früherer Technik zurückzukehren“, bekräftigt er seine Entscheidung.


Die ersten Erfahrungen zeigen bereits, dass sich die vermeintlich „veraltete“ Technik nahezu reibungslos in eine moderne Feuerwehr implementieren lässt. Während ein modernes Feuerwehrfahrzeug in der Regel nach 20-25 Jahren ausgemustert wird, funktionieren Pumpe und Drehleiter auch nach fast 150 Jahren einwandfrei – ohne Elektronik, Plastik und Abgase.

Noch vor Abschluss der Testphase sollen die Kosten für Anschaffungen und Umbauten aller 8 Feuerwehren der Stadt Bad Schwalbach in den Haushalt eingestellt werden um nach dem 31. März 2020 auf die „moderne Vergangenheit“, wie Fahrenberg es nennt, umzustellen.

Des Weiteren gibt es Überlegungen weitere Techniken und Taktiken, die „früher alle besser“ waren, zu testen: Ein feuchter Schwamm anstelle der schweren und limitierenden Atemschutzgeräte oder Signalpfeifen anstelle des trägen Digitalfunks um nur zwei Beispiele zu nennen.